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Thilo

AUSGABE Nr. 16 - (HOF)KINO, ZÜRICH

Aktualisiert: 19. Juni 2022


Zürich ist eine grossartige Stadt! Die kleinste Grossstadt der Welt! «Little Big City» eben! Trotz ihrer überschaubaren Grösse, kann sie in vielen Belangen international mithalten. Das gilt neu auch für die Kategorie «Freiluftkino».


Bis gestern brauchte, wer als ZürcherIn ein richtig grossartiges Freilichtkino besuchen wollte, zwei Tickets: Eines für den Eintritt und eines für den Flug.


Cineastische Vielflieger dürften das Freiluftkino im New Yorker Brooklyn Bridge Park kennen, wo man Woody Allens «Manhattan» (1979) vor der gleichnamigen Skyline geniessen kann. Hast Du durch uns zum ersten Mal davon gehört, setzte es auf Deine «The Bucket List» (2007).


Auch im Londoner «Hot Tub Cinema» kann man in die Welt der Filme eintauchen. Es ist schon ein spezielles Erlebnis, im warmen Whirlpool zu sitzen und Leonardo DiCaprio in «Titanic» (1997) dabei zuzusehen, wie er mit vereisten Augenbrauen und zu melodramatischer Flötenmusik im kalten Atlantik versinkt. Das Beste daran: im "Hot Tube" findet – im Gegensatz zum Floss – mehr als nur eine Person Platz.


Unser grosser Bruder Berlin hat hinsichtlich Open-Air Kino auch was zu bieten; das «Freiluftkino Friedrichshain». Das perfekte Setting dafür? Wim Wender’s «Der Himmel über Berlin» (1987) auf der Leinwand und «Berliner Luft» im Glas. Das ist der Moment, in dem der waschechte Berliner ins Schwärmen kommt und leise seufzt: «Janz Berlin is eene Wolke».


Im Gegensatz zum Ricola, haben die Schweizer also das Freiluftkino zwar nicht erfunden, aber mit dem Hofkino präsentiert Zürich Cineasten ein einzigartiges Freiluftkino, das – spätestens nach diesem Artikel - in aller Munde sein wird und Besuchern aus dem In- und Ausland ausgezeichnet schmecken dürfte.


Der Veranstaltungsort «Landesmuseum» ist das Zürcher «Casterly Rock» und Sommersitz der Hofkino-Macher Daniel Frischknecht Knörr und Rico Fanchini. Eingebettet in einen wunderschönen Stadtpark (Platzspitz) wo sich vor 30 Jahren noch dramatische Szenen abspielten und «Platzspitz Baby» (2020) wie auch «Christiane F.» (1981) das Leben an sich vorbeiziehen sahen, können heute Filmbegeisterte in einer geschichtsträchtigen Umgebung neue Lebensenergie tanken.


Die mittelalterlich anmutende Schlossanlage des Landesmuseums wurde 1898 fertiggestellt und beherbergt diesen Sommer erstmals das Hofkino. Die dicken Burgmauern schirmen Besucher vom Alltag ab und lassen diese entspannt in die fantastische Welt der Filme und Kulinarik eintauchen.


Die beiden grossen Ereignisse der letzten 40 Jahre (Mondlandung und Fall der Berliner Mauer) habe ich leider ich verpasst. Entweder ich war zu jung (damals war man mit zwölf Jahren noch kein Aktivist) oder – das entschuldigt meine Abwesenheit – noch nicht geboren. Aber das Opening des Hofkinos wollte ich mir nicht entgehen lassen und heute kann ich voller Stolz sagen: Ich war dabei! Oder in den Worten eines Hofkino Sponsors: Been there, done that!


Es war ein grosser Moment und ein schönes Gefühl! Ihr kennt vielleicht Giuseppe Torantores «Cinema Paradiso» (1988)? Als ich mit grossen Augen vor dem grossen Eingangstor des Landesmuseums stand und mir der Geruch von süssem Popcorn in die Nase stieg, war es so, als würde ich diesen Augenblick durch eine Super8 Filmkamera wahrnehmen. Aber die Bewunderte hiess nicht Elena, sondern Hofkino. Kein Filmtitel könnte die Aura des Hofkinos besser beschreiben als Pan Nalin’s «Die Liebe zum Kino» (2022).


Kino erzählt, wie ein gutes Magazin, Geschichten. Es amüsiert, es berührt und es regt zum Denken an. Kino ist ein magischer Ort, der in der Dunkelheit zur Traumfabrik wird. Ein Ort, an dem wir dem Alltag entfliehen und in eine andere Welt abtauchen können. Natürlich ist es auch möglich solche Bewusstseinszustände durch Yoga zu erreichen, aber wenn der 18. Geburtstag schon 22 Jahre her ist, freut man sich über jeden Tag, an dem die Fingerspitzen noch die Schuhbändel erreichen. Yoga ist also raus! Zumindest für mich.


Meine Flucht aus dem Alltag heisst Kino – da kann ich sitzen und habe Getränke, Essen und Freunde als Fluchthelfer. Kino ist eine grossartige Erfahrung, die wir während Corona vermisst und leider auch etwas verlernt haben. Netflix auf dem heimischen Sofa in Ehren, aber es ist Sommer und als Stadtzürcher bin ich – sind wir - es dem Hofkino und ihren mutigen und kreativen Machern einfach schuldig, so viele Menschen wie möglich dafür zu begeistern, denn Hofkino bedeutet nicht einfach nur Kino. Die Veranstaltung bietet auch abseits der Leinwand «Fuochi d'artificio» (1997).


Das Hofkino überzeugt - nebst einem abwechslungsreichen Filmprogramm und spannenden Themenabende - durch ein innovatives Gastronomie-Konzept: Eine Kombination aus öffentlich zugänglicher Ganztages-und Veranstaltungsverpflegung, die in ihrer Vielfalt die Bandbreite von «Cocktail» (1988) über «Ratatouille» (2007) bis hin zu «Chocolat» (2000) abdeckt.

Aus Gründen der Nachhaltigkeit haben die verantwortungsvollen Kino-Veranstalter entschieden gänzlich auf Fleisch zu verzichtet und beim Einkauf auf regionale Lieferanten zu setzten. Die angebotenen plant-based Gerichte werden durch angesagte Gastronomiebetriebe der Stadt zubereitet. Dieses nachhaltige «Eat Pray Love» (2010) Konzept setzt einen neuen Benchmark in der (Zürcher) Veranstaltungsgastronomie und verdient daher ein grosses Kompliment!


An Tagen an denen sich «Little Miss Sunshine» (2006) nicht zeigt und die Wetterprognose «Cloudy with a Chance of Meatballs» (2009) voraussagt, bietet das Hofkino für Gourmets und Cineasten einen überdachten Bereich. Keine Sorge also: Du brauchst weder bei «Rain Man» (1988) noch «Singin' in the Rain» (1952) einen Schirm und bleibst dank der grossartigen Campari Bar in «Rot» (2022) dennoch nicht auf dem Trockenen sitzen.


Eines dürfte also klar geworden sein: Der New York Times Bestseller «1000 Places to See Before You Die» ist unvollständig! So wie es auch «1001 Arabian Nights» (1959) sind, müsste der Buchtitel korrekterweise auch «1001 Places to See Before You Die» lauten, denn Du hast nicht gelebt, wenn Du nicht im Hofkino warst!


Ach, liebes Hofkino, du bist so viel mehr als nur ein Kino. Du bist ein Ort, der Menschen verwöhnt, begeistert und glücklich macht... In Anlehnung an Rhetts Worte aus «Gone with the wind» (1939) möchte ich Dir meine Liebe offenbaren: "Ich liebe dich, wie ich noch kein anderes Freiluftkino geliebt habe, und ich habe länger auf dich gewartet als auf jedes andere Freiluftkino"


Das Projekt Hofkino begann vor einem Jahr mit dem Kopfkino zweier mutiger Kinos- und Gastronomie-Experten und hat gestern, nach einjähriger Planung, Ihre Pforten eröffnet und ihre Gästen auf der ganzen Linie überzeugt. Es war ein unvergesslicher und grossartiger Abend. Wie im Film!


Danke Daniel! Danke Rico, dass Ihr Zürich dieses Freiluftkino geschenkt habt! Ich werde mich bei unserer Stadtpräsidentin persönlich dafür einsetzten, dass Ihr in Stein gemeisselt den Vorplatz des Landesmuseum ziert und wenn ich dafür den Marmor barfuss auf meinem Rücken nach Zürich tragen muss. Die rückenschonende Alternative wäre ein «Hofkino-Weg». In welcher Form auch immer; dieses Projekt und die Menschen dahinter verdienen eine Würdigung, die über die Erwähnung in unserem Magazin hinausgeht. Ich bin offen für Vorschläge und ein guter «Negotiator» (1998).

Corine, die beiden haben es mehr als verdient. Überzeuge Dich selbst davon!


Das Hofkino läuft noch bis zum 10.Juli im Zürcher Landesmuseum. @hofkino Mehr Infos und Tickets unter: www.hofkino.ch

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